Bryan Washington – “Dinge, an die wir nicht glauben” – An American Love Story

Bryan Washington erzählt in seinem Roman "Dinge, an die wir nicht glauben" von Ben und Mike, einem Paar, das getrennte Zeit verbringen muss und sich die Frage stellt, was von ihrer Beziehung noch übrig ist.

“Dinge an die wir nicht glauben” von Bryan Washington

Mehrere Wochen alleine mit der Mutter des Partners verbringen? Klingt nicht gerade verlockend. In dieser Situation findet sich Protagonist Ben im neu erschienenen Roman “Dinge, an die wir nicht glauben” wieder. Als Mikes Mutter Mitsuko in Houston, Texas ankommt, verlässt Mike das Land um seinem todkranken Vater in Osaka, Japan zu unterstützen. Ben und Mitsuko bleiben zunächst distanziert, aber nach und nach gibt es Annäherungsversuche in der Küche. Mitsuko hat sich es sich zur unausgesprochenen Aufgabe gemacht, Ben das Kochen beizubringen. So arbeiten sich die beiden Woche für Woche durch die japanische Kochkunst.

Seit vier Jahren sind Ben, der in einer Kinderbetreuung arbeitet und Mike, der Koch ist, ein Paar, doch seit einiger Zeit läuft es nicht mehr so richtig gut. Sie tragen Unausgesprochenes mit sich herum, leben aneinander vorbei. Nun sind sie mehrere Wochen getrennt und beginnen ihre Beziehung zu reflektieren. Zuerst wird aus der Sicht von Ben erzählt, dann aus der Sicht von Mike und schließlich wieder aus der von Ben.


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Schwierige Familienkonstellationen

Eine große Rolle im Buch spielt die Familie von Ben und die Gegend, in der sie wohnen. Sie gehören zur Black Community in Houston, wobei die Eltern schon lange getrennt sind. Während der Vater von Ben vor sich hin vegetiert und sich vor allem am Alkohol orientiert, lebt die Mutter ein neues Leben mit ihrem zweiten Mann und den gemeinsamen Kindern. Bens Vater ist psychisch krank, möchte sich aber nicht behandeln lassen. So müssen Ben und seine Schwester Lydia aushandeln, wer sich um den Vater kümmert.

Ein Teil des Buchs spielt in Japan. Mike fährt nach Osaka, um seinem Vater Eiju unter die Arme zu greifen, der an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt ist. Eiju betreibt eine Kneipe in Osaka, in der Mike als Koch mit einsteigt und die nach Eijus Tod an ihn gehen soll.  Nachdem Eiju gestorben ist, muss Mike sich die Frage stellen, ob er in Japan bleiben oder zurück nach Houston gehen möchte. So drängt sich letztendlich auch die Frage auf, wie es um seine Beziehung mit Ben steht.


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Bryan Washington überrascht mit seinem Debütroman

Bryan Washington, Jahrgang 1993 und in der Gegend um Houston aufgewachsen,  überrascht mit seinem Debütroman in vielerlei Hinsicht: Er ist sehr warmherzig und liebevoll in seiner Betrachtungsweise, er hat einen besonderen Erzählstil und es ist keine einfache Beziehung, die er beschreibt. Auch die anderen Themen im Roman haben es in sich. Es geht um Rassismus, Diskriminierungen,  Klassenzuschreibungen, Lebenssituationen von Migranten in den USA, schwierige Familienkonstellationen, getrennte Eltern, die Black Community in Houston und Gentrifizeirung im Third Ward, einem Bezirk, der vor allem von African Americans bewohnt wird.

Ein äußerst gelungenes Debüt von Bryan Washington, das in den USA hochgelobt wurde, und das einem eine interessante Perspektive öffnet, mit Protagonisten, die so empathisch beschrieben werden, dass ich sie am Ende selbst in die Arme schließen möchte. Ein Buch, das mich so glücklich macht, finde ich selten. Absolute Empfehlung!

Vielen Dank an Kein & Aber für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars.

 

 

“Dinge, an die wir nicht glauben”

Bryan Washington

Aus dem Englischen von Werner Löcher-Lawrence.

Erschienen am 17. 08. 2021