Yaa Gyasi – Ein erhabenes Königreich
Gifty (28) ist Neurowissenschaftlerin an der Stanford University in Kalifornien. Sie experimentiert mit Mäusen, arbeitet an ihrer Promotion. Gifty ist Wissenschaftlerin aus Überzeugung und möchte sich anhand nachweisbarer Fakten das Leben erschließen. Ihr Leben gerät durcheinander, als ihre Mutter zu ihr kommt, die kaum fähig ist alleine zu leben, weil sie an einer schweren Depression leidet.
Eine schwierige Familiengeschichte
Giftys Mutter kam einige Jahre vor Giftys Geburt aus Ghana in die USA. Sie schuftete jahrelang als Pflegekraft, um Gifty und ihrem Bruder Nana ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen. Doch die Familiengeschichte erzählt sich nicht leicht. Der Vater verließ die Familie früh und ging zurück nach Ghana, Giftys älterer Bruder Nana starb als als Jugendlicher an einer Überdosis Heroin.
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Die Gemeinde ist eine Heimat für Giftys Familie
Eine große Rolle im Buch spielt auch die Verbundenheit von Giftys Familie mit der Pfingstkirche. Giftys Mutter gehört in Alabama der Assembly of God Church an, die ihre Gottesdienste ekstatisch feiert und ihr eine Heimat ist. Die kinder sind immer dabei, fest ins Gemeindeleben integriert. Doch nach dem Tod von Nana verliert Gifty ihren Glauben an Gott, wendet sich der Wissenschaft zu.
Yaa Gyasi wurde in Ghana geboren, wuchs aber in den USA auf, teilweise auch in Huntsville, Alabama, wie die Protagonistin des Buchs. 2016 erschien ihr hochgelobtes Debüt “Homegoing” (dt. “Heimkehren”), in dem sie das Erbe der Sklaverei thematisiert, ein Jahrhunderte umspannendes Epos erschuf.
Alabama, Kalifornien und Ghana
In ihrem zweiten Roman “Ein erhabenes Königreich” lässt Gyasi die Geschichte vor allem in Alabama und in Stanford spielen, erzählt aber eine Familiengeschichte, die sich zwischen den USA auf der einen Seite und Ghana als Heimatland der Eltern aus der anderen Seite spannt. Mit Wissenschaft und (christlichem) Glauben bringt sie zwei weitere Gegenpole rein, die sie aufeinanderprallen lässt, und die auch für die Differenzen stehen, mit denen sich Mutter und Tochter auseinandersetzen müssen. Gyasi erzählt von Erfahrungen mit Rassismus im Süden der USA, sie thematisiert einen schrecklichen Verlust und den Schmerz und ob und wie man damit fertig werden kann.
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Coming-of-Age mit Familiengeschichte
Ein erhabenes Königreich verbindet auf schöne Weise Coming-of-Age mit Familiengeschichte. An einigen Stellen war es zu viel christliches Leben, zu viel ekstatische Pfingstkirche, zu viel Stellen, die thematisch in der Bibel verharren. Davon abgesehen hat Gyasi gut zu lesendes Buch geschrieben.
Yaa Gyasi
“Ein erhabenes Königreich”
Dumont Verlag
Aus dem Englischen von Anette Grube.
Erschienen am 13.08.2021